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Das große Beil x 1 der Farben: Teil II Silikatfarben für innen
In meinem letzten Betrag habe ich mich den Dispersionsfarben für innen gewidmet. Heute sehen wir uns die Silikatfarben für die Innenraumgestaltung einmal etwas genauer an. Denn diese sind gerade absolut im Trend. Warum? Immer mehr Menschen wünschen sich natürliche Rohstoffe für ihr Zuhause und verlangen nach mineralischen Anstrichen in ihrem Neubau. Diese bringen viele Vorteile aber auch erhebliche Nachteile mit sich.
Vorteile von Silikatfarben
Silikatfarben haben einen sehr hohen pH-Wert – und zwar von zirka 12,3. Daher sind sie antibakteriell und können zeitbegrenzt gegen Schimmel vorbeugen. Bei Dauerbelastung durch Feuchtigkeit allerdings geht dieser Vorteil leider schnell verloren.
Vorteilhaft ist auch die hohe Dampfdurchlässigkeit von Silikatfarben. Mauerwerk, welches mit Silikatfarbe gestrichen wurde, kann Feuchtigkeit besser aufnehmen und auch wieder abgeben. Insbesondere in alten Häusern ist das oft von Vorteil. Hochwertige Silikatfarben sind emissions- und lösemittelfrei sowie bestens geeignet für Allergiker.
Nachteile von Silikatfarben
Silikatfarben haften nur auf mineralischen Untergründen wie Beton, Mineralputz, Stein oder Glas. Der Grund: Sie verkleben nicht mit dem Untergrund wie die Dispersionsfarben, sondern gehen eine untrennbare chemische Reaktion mit dem Untergrund ein. Im Fachjargon spricht man hier auch von „Verkieselung“. Da eine Verkieselung auf Untergründen wie Gips, Papier (Trockenbau), Tapeten usw. nicht möglich ist, geben nahezu alle Hersteller ihren Silikatfarben zirka 5 % Dispersionsbindemittel bei. Zur Veranschaulichung: Bei insgesamt 15 Liter Farben beträgt der Anteil des Bindemittels zirka 3,5 bis 4,5 Liter. Davon sind 0,75 Liter Dispersion, der Rest besteht aus Pigmenten oder anderen Zuschlagstoffen wie Verdickungsmittel, Streichverbesserer, Konservierungsstoffe, Stabilisatoren oder Füllstoffe. Nur durch diese Mischungen haften Silikatfarben so einigermaßen auch auf eigentlich ungeeigneten Untergründen. Grundsätzlich gilt: Das Verhältnis zwischen Haltbarkeit, Verarbeitbarkeit und eventuellen Ausdünstungen muss einfach stimmen!
Übrigens: Durch spezielle Grundierungen kann man für nahezu jede Farbe einen geeigneten Untergrund herstellen. Meist ist diesen Grundierungen feiner Quarzsand beigemischt.
Insbesondere bei der Innenraumgestaltung von Nachteil: Die Farbtonvielfalt ist bei Silikatfarben eingeschränkt. So können nur begrenzt Farbtöne angeboten werden. Glänzende oder scheuerbeständige Silikatfarben (Nassabriebsfestigkeit 1) gibt es nicht.
Einsatz von Silikatfarben in der Praxis
Meist setzen wir Silikatfarben in privaten Neubauten ein, wenn sich der Bauherr explizit dafür entscheidet. Auch bevorzugen Eigentümer bei einem Renovierungsanstrich Qualitätsfarbe auf Silikatbasis. Wie bei den Dispersionsfarben gilt bei Silikatfarben übrigens die DIN EN 13 300.
In Mietwohnungen werden hingegen oft kostengünstige Baumarktfarben auf Dispersionsbasis verwendet. Der Grund: Mietern ist es beim Auszug meist egal was auf die Wand kommt. Hauptsache es ist billig. Erst bei der Verarbeitung merken dann die meisten, welch minderwertige Farbe sie gekauft haben: die Farben lassen sich nicht so gut verarbeiten und decken meist sehr schlecht. Qualität hat eben seinen Preis. Das war schon immer so. Schön, dass sich manches einfach nicht ändert.
Ihr Jürgen Beil
Bild © Brillux